Der Normenkontrollrat Baden-Württemberg (NKR BW) hat seinen ersten Tätigkeitsbericht am 28. Januar 2025 an Ministerpräsident Winfried Kretschmann übergeben. Der Bericht des unabhängigen Beratungsgremiums umfasst den Zeitraum Oktober 2023 bis Dezember 2024.
NKR-Vorsitzender Dr. Dieter Salomon: „Das Momentum für den Bürokratieabbau ist im Land gerade so groß wie selten zuvor. Politik, Verwaltung und Wirtschaft ist bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. Es gibt Fortschritte: Die Entlastungsallianz für Baden-Württemberg von Landesregierung und acht Verbänden hat das Bewusstsein für Bürokratieabbau erhöht; drei Entlastungspakete wurden geschnürt, vielleicht folgt ein viertes. Bürokratieabbau im Bestand ist aber mühsam. Umso dringlicher ist es, neue Überregulierung zu vermeiden.“
Der NKR BW hat sich seit Oktober 2023 mit 200 Entwürfen von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften der Landesregierung befasst. „Wir bekommen die Entwürfe nun meist vor der Verbändeanhörung. Da können wir manchmal noch etwas erreichen, um neuen Bürokratismus zu vermeiden. Wir machen Vorschläge, wie man es einfacher und mit geringerem Aufwand machen kann. Wenn wir eine Regelung für überreguliert oder unnötig halten, sparen wir nicht mit Kritik“, so der NKR-Vorsitzende. Vom Gleichbehandlungsgesetz habe sein Gremium frühzeitig abgeraten. Beim Landesmobilitätsgesetz konnte es darauf hinwirken, dass Melde-, Berichts- und Dokumentationspflichten reduziert wurden.
Der NKR BW fordert ein Umdenken in den Ministerien und beim Gesetzgeber. Anstatt alles bis ins Detail zu regeln, sollte der Rahmen vorgegeben werden. Die stellvertretende Vorsitzende Margret Mergen: „Wir brauchen wieder mehr Entscheidungs- und Experimentierfreude in Politik und Verwaltung.“
Als großen Erfolg wertet Dr. Salomon, dass die Schwellenwerte bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen angehoben wurden. „Das ist Win-win: Die Verwaltung wird entlastet, da für Beschaffungswerte unter 100.000 Euro ohne Ausschreibung vergeben kann. Unternehmen können dann Angebote ohne großen Aufwand abgeben. Da haben wir der Landesregierung einige gute Argumente an die Hand gegeben. Das zeigt, gemeinsam haben wir viel erreicht.“ Auch die Novelle des Landesplanungsgesetzes und das Kommunale Regelungsbefreiungsgesetz zeigten, dass das Land Bürokratie abbauen und Spielräume vor Ort schaffen kann.
Der NKR BW hat sich ferner eigeninitiativ mit dem Förderwesen befasst. Schon eine frühere NKR-Studie aus 2022 hatte konstatiert, dass das baden-württembergische Förderwesen dringend vereinfacht werden müsse. Außerdem sei die Förderlandschaft intransparent. Dr. Salomon: „Förderprogramme müssen standardisiert, zentralisiert und digitalisiert sein. Uns ist bewusst, dass das ein Kraftakt ist. Eine neue Landesregierung kann sich dem aber nicht verschließen. Andere Bundesländer machen vor, wie man es besser macht.“ Der NKR BW hat daher in Kooperation mit der IHK Region Stuttgart die Zahl der Förderprogramme mithilfe Künstlicher Intelligenz ermitteln lassen. Die Ergebnisse wertet er gerade aus. Danach will er den Austausch mit der Landesregierung suchen.
Viele bürokratische Vorgaben kommen auch vom Bund oder der EU. Das Gremium fordert eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Akteure gegen Überregulierung. Die Praxistauglichkeit von EU- und Bundesrecht muss besser und systematischer berücksichtigt werden. Dafür sollten die Erfahrungen und Expertise der Vollzugsebene viel stärker einbezogen werden, etwa durch Ebenen-übergreifende Praxis-Checks.
Weitere Informationen:
Der NKR BW ist unabhängiges Beratungsgremium mit sechs Mitgliedern. Er berät die Landesregierung Baden-Württemberg seit 2018 zu besserer Rechtsetzung, Bürokratievermeidung und Bürokratieabbau. Der NKR BW befasst sich mit neuen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und macht Vorschläge zur Vollzugstauglichkeit sowie zu Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen. Ihm gehören in der zweiten Amtszeit Dr. Dieter Salomon (Vorsitzender), Margret Mergen (Stellvertretende Vorsitzende), Dr. Susanne Herre, Alexander Kozel, Adrian Probst und Dorothea Störr-Ritter an.